Thermoelektrische Eigenschaften von porösem Silizium
Forschungsbericht (importiert) 2011 - Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik
Herstellung und Wärmeleitfähigkeit von porösem Silizium (pSi)
Mittels thermoelektrischer Materialien kann Abwärme direkt in elektrische Leistung umgewandelt werden und gerade im Hinblick auf die zunehmende Energieknappheit könnten thermoelektrische Materialien einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Energieeffizienz leisten. Silizium, als nahezu unbegrenzt verfügbares Material, wäre hierfür prinzipiell äußerst attraktiv, allerdings weist Bulk Silizium nur geringe thermoelektrische Wirkungsgrade auf. Dies gilt jedoch nur bedingt für nanostrukturiertes Silizium. In zwei unabhängigen Veröffentlichungen aus dem Jahre 2008 konnte nachgewiesen werden, dass Nanodrähte aus Silizium verblüffend hohe thermoelektrische Effizienzwerte aufweisen [1,2] und als Folge dieser neuen Erkenntnisse ist nanostrukturiertes Silizium in den Fokus der Thermoelektrik-Materialforschung gerückt.
Grund für die hohen thermoelektrischen Wirkungsgrade in Silizium-Nanodrähten ist die Verringerung der Wärmeleitfähigkeit, verursacht durch verstärkte Streuung von Gitterschwingungen an der Nanodrahtoberfläche. Da der thermoelektrische Wirkungsgrad, ausgedrückt durch die Gütezahl ZT, umgekehrt proportional zur Wärmeleitfähigkeit des Materials ist, bewirkt eine Verringerung der Wärmeleitfähigkeit eine Steigerung der thermoelektrischen Effizienz.
Im Hinblick auf tatsächliche Anwendungen sind Silizium Nanodrähte allerdings nicht ideal. Poröses Silizium hingegen, das mittels eines elektrochemischen Ätzprozesses (Abb. 1a) aus Bulk Silizium hergestellt werden kann, wäre aufgrund der größeren Materialmenge und der höheren mechanischen Stabilität weitaus besser für Anwendungen auf dem Gebiet der Dünnschichtthermoelektrik geeignet.
Das durch den elektrochemischen Ätzprozess hergestellte poröse Material weist eine schwammartige Struktur auf (Abb. 1b), die – bezogen auf das Volumen – ungefähr zur Hälfte aus Luft besteht. Die Strukturgröße der Silizium-Strukturen in der porösen Schicht kann über unterschiedliche Prozessparameter gesteuert werden, wobei typische Strukturgrößen zwischen 10 nm und 100 nm liegen.
Die im Rahmen des BMBF-Projektes PoSiTeM (03X3539) durchgeführten Untersuchungen zur Temperatur- und Strukturgrößenabhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit zeigten zum einen, dass die Wärmeleitfähigkeit keine allzu ausgeprägte Temperaturabhängigkeit aufweist (Abb. 1c) und zum anderen, dass, wie zu erwarten, die Wärmeleitfähigkeit stark von der Strukturgrößen des porösen Materials abhängt (Abb. 1d). Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass sowohl die Temperatur- als auch die Strukturgrößenabhängigkeit über ein einfaches Modell (Kurven in Abb. 1c, 1d), das ohne freie Parameter auskommt, quantitativ beschrieben werden kann [3].
Elektrische Eigenschaften von porösem Silizium
Die weiteren Größen, die neben der Wärmeleitfähigkeit für die thermoelektrische Effizienz (ausgedrückt durch die Gütezahl ZT) eines Materials ausschlaggebend sind, sind die elektrische Leitfähigkeit und der Seebeck-Koeffizient, wobei die Gütezahl ZT proportional zum Produkt der elektrischen Leitfähigkeit σ und dem Quadrat des Seebeck-Koeffizienten S ist. Im Hinblick auf eine Maximierung des ZT-Wertes muss es deshalb das Ziel sein, neben dem Einstellen der Strukturgröße in einen zweiten Schritt, die Ladungsträgerkonzentration des porösen Siliziums so zu optimieren, dass σ∙S2 maximal wird. Hierzu wurde das poröse Silizium (pSi) mit einem sogenannten Spin-on-Dopant infiltriert und die pSi-Schichten bei hohen Temperaturen ausgeheizt um eine Eindiffusion des Dotierstoffes in das Materials zu ermöglichen (Abb. 2a).
Da aufgrund der großen inneren Oberfläche des porösen Materials die elektrischen Eigenschaften des porösen Materials maßgeblich von den elektrischen Eigenschaften der Oberfläche abhängen, wurde im Anschluss an den Diffusionsschritt und das Entfernen des Spin-on-Dopants ein Oberflächenpassivierungsschritt durchgeführt. Dieser bestand aus einer kurzen Hochtemperaturoxidation und dem anschließenden Tempern in wasserstoffreicher Atmosphäre (Abb. 2b).
Wie aus Abbildung 2c und 2d ersichtlich, konnte die elektrische Leitfähigkeit von nachdotiertem und passiviertem pSi im Vergleich zu nicht-nachdotiertem pSi um ein bis zwei Größenordnungen gesteigert werden. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die elektrische Leitfähigkeit über die Temperatur des Diffusionsschrittes gezielt eingestellt werden kann.
Thermoelektrische Gütezahl und Hall-Mobilität
Abschließend wurde die thermoelektrische Gütezahl der porösen Si-Proben mittels einer kombinierten Harman – van der Pauw Methode untersucht [4]. Es konnte gezeigt werden, dass sich die Gütezahl von pSi durch die Nachdotierung erheblich steigern lässt (Abb. 3a), wobei die sich ergebenden Gütezahlen für die unterschiedlich dotierten Proben lediglich um einen Faktor von ca. Zwei bis Drei höher sind als die von Bulk Si. Einer der Gründe hierfür liegt in die Verringerung der Ladungsträgermobilität im Vergleich zu Bulk Si.
Wie in Abbildung 3b zu erkennen ist, liegt die Hall-Mobilität sowohl für den Elektronen- als auch für den Löchertransport in pSi unter der für diese Dotierung zu erwartenden Mobilität in Bulk Si. Diese Verringerung der Mobilität ist vermutlich ein direkter Effekt der Nanostrukturierung (verursacht z. B. durch zusätzliche Oberflächenstreuung der Ladungsträger) und bringt eine ebensolche Verringerung der elektrischen Leitfähigkeit mit sich. Hieraus folgt, dass zumindest für poröses Silizium die positiven Effekte der Nanostrukturierung in Form einer geringeren Wärmeleitfähigkeit durch die Verringerung der Ladungsträgermobilität teilweise kompensiert werden, sodass durch die Nanostrukturierung nur eine maßvolle Steigerung der thermoelektrischen Effizienz erzielt werden kann.
In Zusammenarbeit mit:
A. Cojocaru, H. Föll: Institut für Materialwissenschaften, Christian-Albrechts Universität Kiel; H. Riemann, N. Abrosimov: Leibniz Institut für Kristallzüchtung, Berlin.