„Wir wollten eine völlig neue Festplatte entwickeln, bei der die Bits zum Sensor wandern und nicht umgekehrt“, erzählt Parkin. Diese Überlegung brachte ihn zum Racetrack-Speicher. 2005 stellte er das Konzept vor und reichte das erste Patent ein. Mit den Racetrack-Speichern verfolgt Parkin die dritte Methode, wie sich magnetische Speicherbits manipulieren lassen. Statt Magnetismus – wie im Schreib-Lese-Kopf – oder einem Laserstrahl – wie es die Schweizer proben – lässt sich auch Elektrizität einsetzen.
Winzige Drahtschlaufen aus einem magnetischen Material
Parkins Racetrack-Speicher sind nanometerdünne Drähte aus einem magnetischen Material. Darin sitzen die magnetischen Bits alle hintereinander, wie Perlen auf einer Schnur. Der Sensor, der die Bits ausliest, liegt quer dazu und fest an einer Stelle. Bewegliche Teile gibt es nicht, die magnetische Strukturierung wird innerhalb des Nanodrahts vor- und zurückgeschoben. Die Bits wandern zum Sensor, ohne dass der Draht selbst sich bewegt.
„Tatsächlich bewegen sich die Domänenwände“, erläutert der Forscher. Die Angriffsfläche für die Bewegung sind diese Grenzen zwischen zwei Bits. Ein elektrischer Strom, also Elektronen werden durch den Draht geschickt. Das Besondere: Es handelt sich um polarisierte Elektronen, deren eigener magnetischer Spin gezielt ausgerichtet ist. Diese Elektronen manipulieren die Domänenwände, schieben diese vor und zurück. „Im Endeffekt sieht es dann so aus, als würden sich die magnetischen Bits vor- und zurückbewegen.“
Vor zwei Jahren haben Parkin und Kollegen einen Racetrack-Prototyp vorgestellt. Allerdings lagen dort die Nanodrähte flach auf der Unterlage. Künftig sollen sie als steile Us millionenfach in Reih und Glied stehen. So ließe sich der knappe Raum optimal ausnutzen und die Speicherdichte erheblich steigern.
Prinzip Parkhaus: Speicher werden übereinandergestapelt
„Racetrack-Speicher sind intrinsisch dreidimensional“, diese Feinheit ist dem Forscher wichtig. Denn auch Samsung hat einen Datenspeicher vorgestellt, den der Hersteller als dreidimensional bezeichnet. Das Produkt namens D3 V-NAND nennt die Firma „die größte technologische Veränderung der Speicherindustrie der letzten 30 Jahre“. Es ist ein Flash-Speicher, bei dem 32 Lagen übereinandergestapelt sind. Auch ein Parkhaus bietet auf demselben Grundstück mehr Fläche als ein Parkplatz. Aber, und das meint Parkin, die grundlegende Technik ist dabei noch immer die gleiche.
Bis es die neuen Speicher zu kaufen gibt, wird noch einige Zeit vergehen. Parkin meint, die Hersteller versuchten weiterhin am bekannten Konzept der Festplatte festzuhalten. „Es ist wohl ein psychologisches Problem. Weil es eine komplett andere Technologie ist, ist es für viele schwierig, sich den Racetrack als nächsten Entwicklungsschritt vorzustellen.“ Der Physiker ist optimistisch. In fünf bis sieben Jahren, schätzt er, werden seine Racetracks der Festplatte Konkurrenz machen. Mark Re von Seagate ist wesentlich pessimistischer: „Falls es das Konzept zur Marktreife schafft wird, dann erst in mehreren Jahrzehnten.“ Für die Festplatten, die Seagate für die nächsten Jahre entwickelt, sieht er die Racetracks darum noch nicht als Konkurrenz. | Text © Tagesspiegel - Laura Hennemann