Forschungsneubau für die Chiptechnik von morgen
Am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik entsteht ein Neubau für Hightech-Forschung
Wissenschaft an den Grenzen des Machbaren geht nur mit neuester Technik – das gilt auch für die Gebäudetechnik. Deshalb wird die Max-Planck-Gesellschaft am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik rund 50 Millionen Euro investieren, um einen Neubau für die Vergrößerung des Instituts zu errichten. Hier entstehen Labore für die Forschung an der Computertechnik der nächsten Generationen. Die Stadt Halle und die Martin-Luther-Universität unterstützen das Vorhaben, das bis Ende 2024 abgeschlossen sein soll.
Mit Licht schneller rechnen als mit Elektronen, praxistaugliche Computer, um unsere Realität zu erweitern, oder Chips, die Menschen mit Gehirnverletzungen helfen, Defizite auszugleichen – das sind Ziele, die Wissenschaftler auf den 5.500 Quadratmetern Nutzfläche des Neubaus am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik verfolgen werden. „In dem neuen Gebäude können wir zum einen Labore einrichten, die auf dem neuesten technischen Stand sind“, sagt Stuart Parkin, geschäftsführender Direktor des Instituts. „Zum anderen bietet das Gebäude den Platz, um unser Institut von ehemals drei auf vier Abteilungen und damit von derzeit 150 auf 250 bis 300 Mitarbeiter zu erweitern.“
Die Bauarbeiten werden in der ersten Hälfte 2021 mit dem Abriss eines Altbaus beginnen; der Neubau soll dann bis Ende 2024 fertig sein und von den Mitarbeitern bezogen werden können. Die Mitarbeiter, die bislang im Altbau arbeiteten, werden vorübergehend ein Containergebäude auf einem benachbarten Gelände der Universität Halle beziehen. „Wir sind der Universität Halle sehr dankbar, dass sie uns diese Fläche in einer so unkomplizierten Nachbarschaftshilfe zur Verfügung gestellt haben“, sagt Stuart Parkin.
700 Quadratmeter Reinraum für photonische Chiptechnik
Im Neubau werden zwei experimentelle, eine theoretische Abteilung sowie die Verwaltung des Instituts Platz finden. Eine der experimentellen Abteilungen wird Joyce Poon leiten. Die Ingenieurwissenschaftlerin entwickelt unter anderem photonische Bauteile, die mit Licht statt Elektronen rechnen, und erforscht auch die Schnittstelle zur herkömmlichen Elektronik. Ein Ziel ihrer Arbeit sind dabei in Brillen integrierte Displays, die leichter sind als vergleichbare heutige Geräte. Einen Großteil der Forschung an neuer Chiptechnik können die Ingenieurwissenschaftlerin und ihre Mitarbeiter nur in einem Reinraum vornehmen. Daher wird das neue Gebäude einen 700 Quadratmeter großen Reinraum beherbergen. Derzeit verfügt das Institut über einen Reinraum von 100 Quadratmetern. Da die Luft in einem Reinraum 60 Mal in der Stunde gewechselt und dabei für das neue Labor jeweils etwa 2000 Kubikmeter Luft aufwendig gefiltert, temperiert und befeuchtet werden müssen, werden der Reinraum und seine Technik einen wesentlichen Teil des Neubaus einnehmen.
Zudem werden in speziell ausgestatteten Laboren des neuen Gebäudes nun erstmals auch biologische Experimente am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik möglich: Joyce Poon plant darin die Interaktion von photonischen und elektronischen Bauteilen mit einzelnen Nervenzellen und Gewebeproben zu erforschen. „Mithilfe dieser Untersuchungen wollen wir langfristig Implantate für Menschen entwickeln, die etwa an neurodegenerativen Erkrankungen leiden“, sagt die Max-Planck-Direktorin.
40 Laborplätze für Chemiker
Für die dritte experimentelle Abteilung, die chemisch ausgerichtet sein soll, plant das Institut in entsprechenden Laboren zudem 40 Arbeitsplätze an Abzügen: rundum verkleideten Labortischen, an denen die Luft direkt abgesaugt wird. Darüber hinaus werden die Labore in den unteren Etagen des neuen Institutsgebäudes bis zu fünf Meter hoch. So bieten die Räume Platz für Kernspin-Spektrometer, Elektronen- und spezielle, auch am Institut entwickelte, optische Mikroskope. Um die diffizilen Experimente mit diesen Geräten, bei denen es etwa um Nanometer genaue Messungen geht, nicht zu stören, bieten Labore im Untergeschoß besonders ruhige und schwingungsarme Bedingungen. „Mit dem neuen Gebäude schaffen wir eine langfristige Perspektive, um spannende Forschung zu machen, die heute noch unwahrscheinlich oder gar unmöglich erscheint – das ist unsere Vision“, sagt Stuart Parkin.